Bundesgerichtshof: Beschluss vom 08.02.2023 – IV ZB 16/22
Ein Erbscheinsantrag ist nicht unzulässig, wenn der Antragsteller vom Gesetz geforderte Beweismittel ohne Verschulden nicht angibt. Stattdessen setzt die Pflicht des Nachlassgerichts zur Amtsermittlung gemäß § 2358 BGB a.F., § 26 FamFG ein.
Kein Verstoß gegen Heim- und Pflegegesetz bei Erbeinsetzung eines von der katholischen Pflegeeinrichtung unabhängigen katholischen Vereins
Die Erbeinsetzung eines Vereins, der in dieselbe hierarchische katholische Organisation wie die Pflegeeinrichtung der Erblasserin ohne Begründung eines Über- und Unterordnungsverhältnis eingebunden ist, kann wirksam sein. Die Begünstigung des juristisch von der Pflegeeinrichtung unabhängigen Vereins beinhaltet weder unmittelbar noch mittelbar einen Verstoß gegen die Verbotsnormen des Hessischen Heim- und Pflegegesetzes. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute veröffentlichtem Beschluss die Beschwerde des Sohnes der Erblasserin gegen die beabsichtigte Erbscheinserteilung an den Verein zurückgewiesen.
Die Erblasserin war verwitwet und hatte ein Kind. Sie lebte zuletzt in einer katholischen Altenpflegeeinrichtung in Wiesbaden. Zum Alleinerben setzte sie einen eingetragenen Verein einer katholischen Einrichtung ein. Die Betreiberin der Altenpflegeeinrichtung ist korporatives Mitglied dieses Vereines und hat sich u.a. hinsichtlich der Bestellung des Geschäftsführers der Zustimmung des Bischofs von Limburg unterstellt. Ihr Sohn erhielt ein Vermächtnis in Höhe des Pflichtteils. Der eingesetzte Testamentsvollstrecker beantragte beim Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins zugunsten des Vereins. Der Sohn hat das Testament angefochten und ebenfalls einen Erbschein zu seinen Gunsten beantragt. Das Nachlassgericht beabsichtigt, dem Verein einen Erbschein zu erteilen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Sohnes.
Die Beschwerde hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Der Verein sei wirksam zum Alleinerben eingesetzt worden, bestätigte das OLG die Auffassung des Nachlassgerichts. Das Testament verstoße nicht gegen eine Verbotsnorm des Hessischen Heim- und Pflegegesetzes. Demnach ist es Betreibern von Pflegeeinrichtungen u.a. untersagt, sich für die Zurverfügungstellung eines Platzes oder die Erbringung von Pflegeleistungen zusätzliche Zahlungen versprechen zu lassen (§ 6 HSBP). Mit der Regelung solle u.a. der Heimfriede geschützt werden; sie solle eine unterschiedliche Behandlung der Bewohner als Folge finanzieller Zusatzleistungen oder -versprechen verhindern. Die Regelung diene zudem dem Schutz der Testierfreiheit und solle das Ausnutzen der Hilf- oder Arglosigkeit verhindern.
Die Erbeinsetzung berühre diese Zwecke hier nicht. Die Erblasserin habe mit dem Verein eine von der Betreiberin der Altenpflegeeinrichtung verschiedene juristische Person als Erbe eingesetzt. Soweit die Erblasserin den Wunsch geäußert haben soll, in einer katholischen Einrichtung betreut zu werden, die möglicherweise in der Trägerschaft des begünstigten Vereins stünde, erfülle dies nicht die Verbotsnorm. Ein nicht näher konkretisierter Wunsch sei nicht geeignet, Druck auf den Betreiber einer Einrichtung auszuüben. Die nach dem Willen der Erblasserin aus Mitteln der Treuhandstiftung zu finanzierenden Leistungen stellten sich nicht als solche im Sinne der Verbotsnorm dar.
Die Erbeinsetzung stelle auch keine unzulässige Umgehung der Verbotsnorm dar. Die Erbeinsetzung stelle sich weder indirekt noch mittelbar als Zuwendung an die Betreiberin der Altenpflegeeinrichtung dar, in welcher die Erblasserin zuletzt gelebt hatte. Durch die Auflage zur Verwendung ihres Vermögens in einer Treuhandstiftung habe die Erblasserin eine Bestimmung getroffen, die gerade keine Zuwendung an die Betreiberin der Pflegeeinrichtung bewirke. Es bestehe kein tatsächlich oder rechtlicher
Manche Erblasser verfassen mehrere, inhaltlich identische Testamente. Wollen sie ihren letzten Willen später ändern, reicht es aber nicht, nur eines der Originale zu vernichten. Nach Ansicht des Oberlandesgericht München ist das kein wirksamer Widerruf (Az.: 31 Wx 246/19). Denn auch das verbliebene Testament bleibt wirksam.
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Testament vom Erblasser stammt? Eine absolute Gewissheit im naturwissenschaftlichen Sinn ist in dieser Frage kaum zu erreichen. Das zumindest befand das Oberlandesgericht Rostock (3 W 84/19). Daraus folgt: Kommt ein Gutachter im Erbscheinverfahren zu dem Ergebnis, dass die Unterschrift zu 90 Prozent vom Erblasser stammt und das Testament zu 95 Prozent, ist das ein ausreichender Beweis.
Vermächtnisnehmer oder Erbe? Steht das im Testament nicht klipp und klar, muss es ausgelegt werden. Wer Rechtsnachfolger wird, hängt auch davon ab, wie die Vermögensgegenstände verteilt wurden.
Stirbt jemand und hat in seinem Testament einzelne Vermögensgegenstände an mehrere Personen verteilt, ist womöglich unklar, wer Erbe ist und
Ein Erbe verliert nicht die Erbschaftsteuerbefreiung für ein Familienheim, wenn ihm die eigene Nutzung des Familienheims aus gesundheitlichen Gründen unmöglich oder unzumutbar ist. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden.
Die Klägerin hatte das von ihrem Vater ererbte Einfamilienhaus zunächst selbst bewohnt, war aber bereits nach sieben Jahren ausgezogen. Im Anschluss wurde das Haus abgerissen. Die Klägerin machte gegenüber dem Finanzamt und dem Finanzgericht (FG) erfolglos geltend, sie habe sich angesichts ihres Gesundheitszustands kaum noch in dem Haus bewegen und deshalb ohne fremde Hilfe dort nicht mehr leben können. Das FG war der Ansicht, das sei kein zwingender Grund für den Auszug, da sich die Klägerin fremder Hilfe hätte bedienen können.
Oberlandesgericht Braunschweig, Beschluss vom 20.03.2019
– 1 W 42/17 –
Ein Testament kann grundsätzlich in Form eines Notizzettels errichtet werden. Ist der Zettel aber nicht datiert und enthält er eine unbestimmte Erbeinsetzung, liegt kein wirksames Testament vor. Dies hat das Oberlandesgericht Braunschweig entschieden.
OLG Frankfurt am Main vom 24.07.2020: Keine Haftung der Erben gegenüber dem Lokführer bei Suizid auf Bahngleisen
Nach einem Suizid auf Bahngleisen sind die Erben des Verstorbenen dem involvierten Lokführer nicht zum Schadenersatz verpflichtet, wenn der Schaden in einem die freie Willensentschließung ausschließenden Zustand zugefügt wurde. Davon war im streitgegenständlichen Fall auszugehen, so dass das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) die klageabweisende Entscheidung des Landgerichts bestätigte.
Pflichtteilsstrafklausel nicht bereits durch Wunsch nach Korrektur erfüllt
Setzen sich Eheleute in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig zu Alleinerben und ihre Kinder zu Schlusserben des Längstlebenden ein, wird häufig eine sog. Pflichtteilsstrafklausel vereinbart. Danach verliert ein Schlusserbe seinen Erbanspruch nach dem Längstlebenden, wenn er schon nach dem Tod des Erstverstobenen seinen Pflichtteil fordert. Er erhält dann auch nach dem Tod des Längstlebenden nur seinen Pflichtteil. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass eine solche Pflichtteilsstrafklausel nicht bereits dann erfüllt ist, wenn der Schlusserbe nach dem Tod des Erstversterbenden eine Korrektur des ihm vorgelegten Nachlassverzeichnisses fordert.
Setzen sich Eheleute in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig zu Alleinerben und ihre Kinder zu Schlusserben des Längstlebenden ein, wird häufig eine sog. Pflichtteilsstrafklausel vereinbart. Danach verliert ein Schlusserbe seinen Erbanspruch nach dem Längstlebenden, wenn er schon nach dem Tod des Erstverstobenen seinen Pflichtteil fordert. Er erhält dann auch nach dem Tod des Längstlebenden nur seinen Pflichtteil. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass eine solche Pflichtteilsstrafklausel nicht bereits dann erfüllt ist, wenn der Schlusserbe nach dem Tod des Erstversterbenden eine Korrektur des ihm vorgelegten Nachlassverzeichnisses fordert.
Erben können sich im Erbscheinverfahren in bestimmten Fällen vertreten lassen. Das heißt: Auch ein Angehöriger, kann im Zweifel den Erbschein beantragen. Voraussetzung ist, dass eine entsprechende schriftliche Vollmacht vorgelegt werden kann. Das geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Bremen hervor (Az.: 5 W 27/21). Ein gerichtlich bestellter Betreuer ist nicht zwingend erforderlich.
Wer von den nächsten Angehörigen vorrangig berechtigt ist, über die Bestattung zu entscheiden, bestimmen Landesgesetze. Dabei gilt: Beauftragen die Bestattungsberechtigten ein
Das Landgericht Koblenz hat die Klage eines Erben abgelehnt, der die Herausgabe eines durch seine Mutter zu Lebzeiten verschenkten Grundstücks begehrte. Die Erblasserin habe aus Eigeninteresse gehandelt. Es handele sich nicht um eine ungerechtfertigte Bereicherung. (Landgericht Koblenz, Urteil vom 18.11.2021
– 1 O 222/18 -)
Die Parteien sind Geschwister. Ihre Eltern errichteten im Jahre 1969 ein Testament, in dem sich die
Ist die Unterschrift unter einem Ehegattentestament geweißt, ist das nicht automatisch als Widerruf anzusehen. Das gilt zumindest dann, wenn die Originalunterschrift auf einer Kopie des Testaments noch sichtbar ist. In einem solchen Fall lässt sich nämlich nicht
Will eine Person, die im Ausland lebt, ihre Erbschaft in Deutschland ausschlagen, kann sie auch dort einen Notar oder eine Notarin aufsuchen. Das gilt jedenfalls, wenn diese Notare im Wesentlichen die gleichen Aufgaben wie deutsche Notare wahrnehmen. So lautet ein Beschluss des Oberlandesgerichts Köln (Az.: 2 Wx 119/21).
Bei der Schenkungsteuer sind Zahlungen des Beschenkten zur Abwendung etwaiger Herausgabeansprüche eines Erben oder Nacherben steuermindernd zu berücksichtigen. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 06.05.2021
– II R 24/19
Ausschlagen eines Erbes kann negative Folgen für die Schlusserben haben
Ehegatten setzen sich oft erst gegenseitig zu Erben ein und bestimmen dann sogenannte Schlusserben. Solche Festlegungen können nach dem Tode des zuerst versterbenden Ehegatten nicht ohne Weiteres geändert werden. Wurden zum Beispiel das gemeinsame Kind und ersatzweise die Enkelkinder zu Schlusserben eingesetzt, hilft nur ein Zuwendungsverzicht des Kindes, wenn dies anders geregelt werden soll. Eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Köln zeigt zugleich: Ein solcher Verzicht wirkt dann aber auch für die ersatzweise bedachten Enkelkinder (Az.: 2 Wx 145/21).
Leben und Sterben hängen eng zusammen. Mitunter wird der Tod eines Menschen erst nach einer Weile entdeckt. In solchen Fällen stellt sich die Frage: Wie weit reicht die Haftung der Hinterbliebenen? Sind sie für sämtliche Beeinträchtigungen an einer Mietwohnung verantwortlich Nicht unbedingt, entschied das Amtsgericht
Testamentsvollstrecker muss sich das Wissen Dritter zurechnen lassen
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 19. März 2021 (-V ZR 158/19-) erneut klargestellt, dass die Denkmaleigenschaft eines verkauften Gebäudes grundsätzlich einen Sachmangel darstellen kann. Insbesondere kommt der BGH zu dem Ergebnis, dass sich der
Die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 c) ErbStG tritt nicht ein, wenn erst 18 Monate nach Tod des Erblassers das geerbte Familienheim bezogen wird. In diesem Fall liegt kein unverzüglicher Bezug im Sinne der Vorschrift vor. Dies hat das Finanzgericht Düsseldorf entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall stritt sich eine Erbin
Der BGH urteilte am 6.11.2019 (Az:– II R 29/16) , dass vergebliche Prozesskosten als Nachlassverbindlichkeiten bei der Erbschaftsteuer abgezogen werden können.